„Eines betont der VG-Bürgermeister: Für ihn sei die Angelegenheit keine politische Frage…“ schreibt die Rheinpfalz heute in ihrem Bericht über die unendliche Geschichte „Verkehrsführung in der Bergstraße“. Dieses Bekenntnis von Herrn Cullmann hat in etwa die gleiche Qualität, wie der Standardspruch des Sportvorstands nach 5 verlorenen Spielen in Folge: „Wir halten am Trainer fest“.
Und was Herr Cullmann dann noch gesagt hat und womit er in der Rheinpfalz wörtlich zitiert wird, das hat teilweise schon Unterhaltungswert. Bevor ich aber hier das Zitat wiedergebe, bitte ich meine geneigte Leserschaft, sich gedanklich in einen der sonnenbeschienenen Räume des ehemaligen bayerischen Bezirksamtes in der gleichnamigen Straße zu versetzen. In der Luft hängt schwer der Pfeifen- und Zigarrenrauch und durchmischt sich mit dem Aroma, das die frisch gebohnerten Dielen verströmen. Der Herr Verbandsbürgermeister formuliert bedächtig seine Zeilen: „Als Verwaltung betrachten wir das rein von der Gesetzes- und Rechtslage her, ziehen dazu auch entsprechende Gerichtsurteile heran.“ Sprechen Sie sich diesen Satz einmal langsam und getragen vor – dann wissen Sie, was ich meine.
Und wenn er dieser hehren Pflicht nachgekommen ist, wird er dem Stadtrat höchstselbst mitteilen (nicht etwa dem Bürgermeister), „wie die Entscheidung der zuständigen Verwaltungseinheit ausfällt“. Das klingt nach „nur der Sache verpflichtet zum Wohle des Volkes“, so pathetisch kommt das. Verwaltungssprache vom Feinsten – allerdings aus einer Zeit, als „Ihre Majestät“ noch das Sagen hatte. Die Punkte für „überzogene Eigenwahrnehmung“ gehen daher eindeutig an ihn.
Bittbrief mutiert zum Antrag
In der letzten Verbandsgemeinderatssitzung hat er ganz am Ende unter dem Tagesordnungspunkt „Anfragen und Auskünfte“ dem staunenden Rat seinen Brief an Landrat Rainer Guth vorgelesen, in dem er diesen um freundliche Unterstützung bittet bei seinem Plan, die VG als ländliche Corona-Modellregion anzumelden. So wie das Saarland, so wie Landau, Pirmasens und andere Städte das auch geplant haben. Er trug ihn vor als Ausdruck seines steten Bemühens um die Menschen seiner VG. aber bei genauerem Hinsehen sind an dieser Version durchaus Zweifel angebracht und eher ein politisches Spielchen zu vermuten.
In seinem auf diese Sitzung folgenden „Wort zum Samstag“ im WoBla mutiert dieser unverbindliche Bittbrief nämlich plötzlich zum „Antrag“. Und diese Behauptung ist schlicht falsch. Er hat definitiv keinen Antrag auf Anerkennung als Modellregion eingereicht, er hat einen Brief an den Landrat mit der Bitte um Unterstützung geschrieben. Empfänger eines Antrags wäre das Ministerium, das auf seiner Homepage zu diesem Zeitpunkt bereits sehr dezidiert die Voraussetzungen für einen solchen Antrag auf zwei Din-A 4 Seiten mit einem exakt beschriebenen Leistungsbild veröffentlicht hat.
Dort steht zwar in Satz 1 „Teilnehmen können Kommunen mit ausdrücklicher Unterstützung ihres Landkreises“. Wer dann aber die weiteren Seiten auch nur querliest, erkennt, dass die Voraussetzungen von und in unserer Verbandsgemeinde unmöglich geleistet werden könnten. Da geht es von lückenloser Kontrolle bis zur wissenschaftlichen Begleitung. Und begleiten müsste das dann von A bis Z das Kreis-Gesundheitsamt.
Unrichtig ist auch sein Vergleich mit der Samtgemeinde Elbtalaue. Die muss herhalten, um seine Intention zu begründen. Er schreibt: „ Mit dabei ist die Samtgemeinde Elbtalaue, eine kommunale Struktur, die unseren Verbandsgemeinden entspricht. Mit rund 20.000 Einwohnern und nur einer größeren Stadt mit mehr als 5000 Menschen ist diese Kommune in dieser Hinsicht mit dem Nordpfälzer Land vergleichbar.“ Fakt ist aber, dass sich diese Samtgemeinde überhaupt nicht mit unserer Verbandsgemeinde vergleichen lässt und seine Angaben auch nicht korrekt sind. Die Tabelle zeigt dies sehr deutlich.
Und Fakt ist auch, dass man in Niedersachsen vorerst wohl ALLE Modell-Pläne gestoppt hat, noch vor dem Start. Speziell der Antrag von Elbtalaue wurde zurückgewiesen, da unter anderem die Nachverfolgung durch das zuständige Kreis-Gesundheitsamt nicht sicher zu stellen war.
Profilieren auf Kosten anderer
Es gibt also auch ordentlich Punkte in der Kategorie „Scheinheiligkeit“. Allein schon im Sinne der Solidarität im Kreis und der durch Corona vermutlich sowieso schon bis an die Grenzen ausgereizten personellen Situation, würde ich, wenn ich denn Landrat wäre, diesen Bittbrief im Körbchen „Politische Spielchen“ ablegen.
Wie kollegial ist das denn, in der Krise etwas zu fordern, von dem man weiß, dass dadurch Anderen in der Krisensituation gleichzeitig Nachteile entstehen?
„Warten auf die Straßenöffnung“ titelte die Rheinpfalz. Sie ist zur Zurückhaltung verpflichtet. Ich tendiere zur Formulierung „Verhinderung der Straßenöffnung„. Das hat System, wie Herr Cullmann diesen Beschluss des Stadtrates bisher ins Leere laufen ließ. So wie es System hatte, einen Brief als Antrag zu verkaufen oder mit der Beauftragung eines umfassenden Gesamt-Konzeptes pragmatische Radwegelösungen, die auf breiter Basis vorabgestimmt und fast zum Greifen nahe sind, zu blockieren. Ich bin echt gespannt, was der Bürgermeister verkündet und was er „guten Gewissens“ unterschreiben konnte.
Eine anregende Sitzung (sofern Sie online dabei sind) wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, Ihr Peter Gläser
PS: Unter diesem Link können Sie sich (angeblich jederzeit und auch mehrfach) bei der Stadtratssitzung als Gast zuschalten. www://global.gotomeeting.com/join/620187757
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