Klar, der Schock sitzt immer noch tief und das Selbstbewusstsein der SPD ist – gelinde gesagt – sicherlich auch arg ramponiert. Das alles sollte für aufrechte Demokraten aber kein Grund sein, jegliches Augenmaß und auch so etwas wie Selbstkritik außer Acht zu lassen. Genau das passiert aber aktuell in den auch sonst schon nicht „zimperlichen“ Facebook-Beiträgen des SPD-Ortsvereins.
18. September um 08:19 – Facebook SPD Rockenhausen > Interessant zu wissen < In der letzten Stadtratssitzung hat Michael Vettermann gesagt er habe keine Zeit um alle Aufgaben eines Bürgermeisters zu erfüllen (es ging um die Weggabe von Geschäftsbereichen an Beigeordnete). Zeit hat Vettermann aber für andere Dinge: seine Mandate im zukünftigen Verbandsgemeinderat, im Kreistag, im Verwaltungsrat der Sparkassentochter Donnersberger Konzepte nimmt er an. Das ist nur ein Beispiel für die Qualität der Beiträge, die momentan im 24-Stunden-Takt den Followern zum liken serviert werden.
Facebook Beiträge als Balsam für die Partei-Seelen
20.September um 03:31 – Facebook SPD Rockenhausen – > nachdenklich < Was bleibt denn überhaupt noch an Aufgaben und Verantwortung beim Stadtbürgermeister? In der letzten Stadtratssitzung wurden den ersten beiden Beigeordneten folgende Geschäftsbereiche übertragen: Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Liegenschaften, Städtebauförderung, Dorferneuerung, Infrastruktur, öffentliche Einrichtungen (Grünanlagen, Straßenbeleuchtung, Gemeindestraßen, Wald- und Wirtschaftswege, Bestattungswesen), Bauhof. Rechtlich hat das zur Folge, dass der Bürgermeister für die übertragenen Bereiche keine Befugnisse und Entscheidungsrechte mehr hat.
21.September um 00:42 – Facebook – SPD Rockenhausen – Drei Wochen nach dem Ratsbeschluss legt der neue Stadtbürgermeister nun endlich die tatsächlichen Mehrkosten offen, die durch die Bildung der beiden Geschäftsbereiche für die Beigeordneten Dietz und Schläfer entstehen. Es sind in fünf Jahren 70.000€! Bisher – und unter dem SPD Stadtbürgermeister – wurden in einer Beschlussvorlage immer auch die zu erwartenden Kosten für einen Ratsbeschluss genannt. In der neuen „transparenten“ Politik für Rockenhausen ist das nicht mehr notwendig. Die Damen und Herren von FDP und CDU interessieren sich nicht für Kosten. Sie verzichten auf „offene Diskussionen“ und heben brav dort die Hand, wo es die Stadtspitze von ihnen erwartet, „frei von jeglichem Fraktionszwang…
Karl-Heinz Seebald hatte keine Beigeordneten mit Geschäftsbereich
Das ist so eine Halbwahrheit: In der letzten Periode hatte er die tatsächlich nicht. Erhellender ist da ein Blick in die Vergangenheit:
Karl-Heinz Seebald war nach seiner Wahl gerade mal für ein Jahr Stadtbürgermeister und gleichzeitig freiberuflich tätiger Rechtsanwalt. Danach war er fast bis zum Schluss hauptamtlicher VG-Bürgermeister und hat den Stadtbürgermeister quasi „mitgemacht“. Aber auch für das „Mitmachen“ hat der Gesetzgeber eine Aufwandsentschädigung vorgesehen, wenn auch eine reduzierte.
Und trotz der kommoden Doppelfunktion gab es – bitte genau lesen – in den ersten 5 seiner 6 Amtsperioden als Stadtbürgermeister obendrauf Beigeordnete mit Geschäftsbereich, also bezahlte Beigeordnete. Herr Blaum kann sich ja mal in bewährter Manier die Mühe machen, diese Kosten zusammenzurechnen.
Folge ich seiner verqueren Logik in letzter Konsequenz, hätte der VG-Bürgermeister ja den Stadtbürgermeister eigentlich auch „für umme“ mitmachen können – es lief ja so mit. Das wären dann gute 30 Jahre mal 12 Monate mal 1000 Euro oder so, die er seinem Städtchen hätte sparen können. Ausrechnen bitte! Dazu das Salär für die Beigeordneten – Au Backe!
Der Neue hat zu viele politische Ämter
Es heißt auch, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wenn die weiteren politischen Ämter des neuen Bürgermeisters in VG-Rat und Kreistag als Zeitfresser diskreditiert werden.
Sein Vorgänger hatte ebenfalls jede Menge andere politische Ämter, dazu gefühlte „101“ weitere, mehr oder weniger aufwandsentschädigte Ehren- und sonstigen Ämter. Witzigerweise werden gerade diese in der Sitzungsvorlage für die nächste Sitzung am 23.September aber nachgerade als Grundlage für die Ernennung zum Ehrenbürger umfänglich aufgeführt. Die Fülle seiner Ehrenämter, so die Laudatio, war der Grundstock für sein umfängliches Netzwerk, das dann der Stadt zugutekam.
Der Neue hat keine Zeit für sein Amt
Eine Vielzahl an Ämtern wahrzunehmen bedeutet für einen, der im Hauptberuf VG-Bürgermeister war, natürlich einen ganz anderen Einsatz, als für einen, der neben dem senem Ehrenamt Stadtbürgermeister auch noch seinen Haupt- und Brotberuf als Tierarzt ausübt. Das ist klar. Das ist aber auch gewollt:
„Stadtbürgermeister als Ehrenamt“ ist ein ausgesprochen betonter Bestandteil der Selbstverwaltung. Die Personalunion VG-Bürgermeister und Stadtbürgermeister nicht, so praktisch sie auch sein mag.
Das sollte eigentlich auch den SPD-Facebook-Autoren bekannt sein.
Dauerbrenner: Kosten Beigeordnete
Vollends skurill ist dann die neuerliche Empörung über die Kosten der Beigeordneten. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat sich vor Jahren ja schon einmal mit einer solchen Berechnung hervorgetan: Seinerzeit war Herr Hyner und dessen Anspruch auf bestimmte, ihm rechtlich dauerhaft zustehende Zuwendungen das Ziel einer akribischen Pseudo-Recherche.
Damals wie heute übersah der Fraktionsvorsitzende, dass Politik nun mal immer auch ein gut Teil Lebensplanung ist oder eine solche zumindest beeinflusst. Wer je daran gezweifelt hat, wurde spätestens beim Wahlkampf auf VG-Ebene eines Besseren belehrt. Herr Cullmann z.B. wäre nach zwei Jahren arbeitslos gewesen, wenn er nicht gewonnen hätte.
Das gnadenlose Streichkonzert
Nur noch befremdlich ist der Beitrag vom Sonntag, 22. September, frisch eingestellt, während ich meinen Blog schreibe. Die Botschaft:
Zukünftig sollen in Rockenhausen an „freiwilligen Leistungen“ Einsparungen vorgenommen werden“!
Zunächst auffallend ist, dass Autor und Quelle der Hiobsbotschaft im Dunel bleiben. Suggeriert wird aber schon mal, dass die neue Koalition all das abschaffen wolle.
Wer in der letzten Sitzung erfahren hat, dass der Haushalt der Stadt nur unter großen Bedenken abgesegnet wurde, kommt da auf ganz andere Gedanken. Ich denke, der diesen Beitrag verfasst hat, kennt vermutlich den entsprechenden Bericht der Kommunalaufsicht und bemüht sich mit dieser Attacke schon mal um Schadensbegrenzung, geht es doch in toto um „freiwillige Leistungen“, die unter SPD-Regie entstanden und die aufgelisteten Beispiele für die freiwilligen Leistungen sind mit der Liste der Verdienste in der Sitzungsvorlage identisch, mit denen die Ehrenbürgerschaft für Karl-Heinz Seebald begründet wird.
Ball flach halten!
Bei all diesen Entscheidungen haben natürlich auch Stadträte*innen anderer Parteien mitgewirkt. Und nicht jede Kritik einer Kommunalaufsicht muss man sich zu eigen machen. Klar wird aber an diesem Beispiel, wie sehr die aktuelle Haltung der Opposition auf Krawall gebürstet ist und nicht auf Konsens.
Daher, liebe Sozialdemokraten: Jetzt mal bitte den Ball flach halten und nicht ständig neue Misstöne produzieren und/oder mit der Giftspritze herumhantieren.
Hoffnungsvoll wie immer, Ihr Peter Gläser
Und übrigens: Wie man Facebook sinnvoll nutzen kann, lässt sich bei Fridays for future doch unschwer erkennen.
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