Der Kulturausschuss der Stadt befasste sich am 3.April 2019 in einer umfangreichen Tagesordnung mit den geplanten kulturellen Veranstaltungen und den Museen der Stadt. Der „Tonkunst“ und dem „Festival der Neuen Musik“ war ein eigener Tagesordnungspunkt gewidmet, Ausdruck der Bedeutung, die der Bürgermeister seinem Lieblingsprojekt beimisst.
Mit dem „Festival der neuen Musik“ hatte der Bürgermeister seinen Kulturausschuss erst im Vorjahr überrascht. O-Ton des Bürgermeisters in der damaligen Sitzung:
Das Festival der Neuen Musik sei „Arbeit am Profil und an der überregionalen Wahrnehmung der Stadt“, damit wolle er eine „enorme Öffentlichkeit“ erreichen und dem „kulturellen Auftrag der Stadt“ gerecht werden, da es ein solches Festival bisher nur einmal in Deutschland gebe.
Der Gedanke an sich ist ja auch gar nicht verkehrt: Das, was sonst in den Metropolen stattfindet, bietet man auch auf dem sog. flachen Land an, um damit dessen Attraktivität zu steigern. Dies umsomehr, da ja schon eine überregional durchaus bekannte Kunst- und Museumslandschaft vorzeigbar ist.
Und auch Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, begleitet das Projekt im Vorwort zur Festival-Broschüre sehr wohlwollend:
Rückblick 2018
Nach so viel Theorie wird es Zeit, die wenigen Zahlen zum kulturellen Jahr 2018 anzuschauen, die die Verwaltung zur Sitzung lieferte. Lassen wir also die Fakten sprechen:
Besucherzahlen 2018:
Museum für Zeit: 4.501 Besucher*innen
Kahnweilerhaus: ca. 1.000 Besucher*innen
Museum Pachen: 1.089 Besucher*innen
Tonkunst–Meisterkurs: keine Angaben
Festival Neue Musik: keine Angaben außer dem Hinweis „Es wurden 4.000.- €“ Ticketgelder eingenommen“. Hochgerechnet anhand der Ticketpreise (15 € für das Einzelticket, 20 € für ein Tagesticket) ergeben sich dann insgesamt ca. 235 zahlende Besucher*innen bei 7 Veranstaltungen von Donnerstag-Abend bis Sonntag-Abend. Und das sind dann im Mittel rund 34 Besucher*innen pro Veranstaltung.
Die Finanzierungslücke beim Festival Neue Musik war bei der Beschlussfassung 2018 noch mit ca. 15.000.- € angegeben worden. Tatsächliches Defizit aber 36.0000.- €.
Das sind ca. 153 € pro Besucher.
Veröffentlichungen / Leuchtturmwirkung / überregionale mediale Wahrnehmung: 1 (Neue Musikzeitung, Regensburg) und regional: 10 (Rheinpfalz , ohne Wochenblatt)
Ausblick 2019
In der Sitzung 2018 erläuterte der Bürgermeister noch, dass das neue Festival bereits im November 2018 an den Start geht, sich aber künftig mit der Tonkunst im Jahresturnus abwechseln werde. Das wurde inzwischen widerrufen. Auf der Homepage von thornconcept war für dieses Jahr die „Tonkunst“ mit einem Meisterkurs Improvisation vom 10. bis 16. Juni angekündigt. Dieser Meisterkurs wird nicht stattfinden. Eine richtig nachvollziehbare Begründung erhielten die Ausschussmitglieder im Februar dafür nicht
Stattdessen zauberte der Bürgermeister ein Sponsoring der Sparkasse von 5.000.- € aus dem Hut für die kostenneutrale Finanzierung der Zusammenkunft einer Expertengruppe, die in diesem Herbst das Festival für 2020 vorbereiten soll. Das Festival 2020 selbst soll jede Menge Highlights bieten, aber nur, wenn nicht mehr als 15.000.- € bei der Stadt hängen bleiben.
Fazit
Ich hatte eine Festivalkarte für alle 3 Tage und habe jedes (!) Konzert besucht. Die Konzerte waren allesamt fantastisch – ich war begeistert. Ganz ehrlich. Es waren tolle Stunden und am besten hat mir das Konzert gefallen, zu dem diese Notenblätter auflagen.
Hier geht es aber nicht um mich und ncht um die 33 anderen Besucher pro Konzert, hier geht es um einen richtig großen Batzen Geld. Und bei soviel Geld ist die Antwort über die Sinnhaftigkeit des Festivals doch eigentlich ganz klar. Das Fazit fällt nämlich genau so aus, wie der Journalist Andreas Hauff im einzigen überregionalen Kommentar zum Festival geschrieben hat:
Nüchtern betrachtet stellten sich die Fakten vor der Beschlussfassung in der letzten Kulturausschusssitzung und dann nachfolgend in der Haushaltsberatung so dar:
- Die Stadt subventionierte 2018 jeden Festival-Besucher mit ca.153.- €.
- Kommen für nächstes Jahr nicht genug Sponsorengelder zusammen, werden die avisierten 15.000.- € nicht eingehalten werden können. Das Festival findet dann nicht statt. (Ich habe von Groß-Sponsoren gehört, die sich im kommenden Jahr definitiv nicht mehr beteiligen werden.)
- Ergo sind die für dieses Jahr zugesagten 5.000.- € Sponsorengeld für die Vorbereitung auch rausgeworfenes Geld.
- Die Besucher- und Medien-Zahlen zeigen, dass die Strahlkraft des Festivals sich im Wesentlichen auf die Akteure beschränkt. Das wird auch bei einer Neuauflage 2019 nicht anders sein.
Es gefällt mir, dass hier nüchtern, sachlich, fundiert „die Rechnung aufgemacht wird“. Und trotzdem wird nicht die Qualität der Konzerte geleugnet.