Die Verbandsgemeinde Rockenhausen hat schon seit fast zwei Jahren einen, der Kreis bekommt im November gleich drei neue: Klimaschutzmanager*innen sind in. In einer VG-Ratssitzung hatte Bürgermeister Cullmann die Einstellung seinerzeit damit begründet, für die Bürger eine „neutrale, produktunabhängige Beratungs- und Informationsanlaufstelle“ schaffen zu wollen. Das war so vollmundig wie falsch.

Seit einer VG-Ratssitzung im März 2019 wissen wir zumindest mal, wie unser Rockenhausener Klimamanager seine Tage verbringen wird. In der Sitzungsvorlage lesen wir, auf den Tag genau, wie lange er sich (in seiner befristeten Einstellungszeit) welcher Umsetzung welchen Umweltzieles mit welchen Beteiligten und welchen Prioritäten widmen wird. Genau zu wissen, wie man die Klimaschutzziele erreicht. In drei Jahren. Punktgenau. Hut ab! Das ist doch was!

Auszug aus dem Maßnahmenkatalog (alt) Quelle: Sitzungsvorlage 7.3.2019

Vom NKI zum Klimaschutzmanagement

Dass es die zu 91% vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) subventionierten Stellen der Klimaschutzmanager*innen überhaupt gibt, liegt an der Nationalen Klimaschutz Initiative (NKI), die die Politik bereits vor 10 Jahren auf den Weg gebracht hat, um bis 2030 die Klimaziele zu erreichen, die auch mit dem gerade verabschiedeten, lauwarmen Klima-GESETZ nicht erreicht werden dürften. Mit dieser NKI schuf man einen Rahmen, innerhalb dessen nicht nur Maßnahmen gefördert werden können/konnten, die ganz konkrete Treibhausgas-Einsparungen mit sich bringen, sondern auch Tätigkeiten, die das Bewusstsein für mehr Klimaschutz in der Bevölkerung erhöhen. Da taucht er also zum ersten Mal als Idee vage auf, der Klimaschutzmanager.

Karikaturen: toonpool.com

So einfach verteilt ein Ministerium natürlich sein Geld auch wieder nicht: Damit die Bürger*innen auch wirklich genau wissen, was das Klima geschlagen hat, müssen und mussten zuerst Klimaschutzkonzepte her. Sie wurden und werden für Kommunen, Kreise, Städte landauf, landab beauftragt, bezuschusst/bezahlt und vorgelegt und decken die verschiedenen Bereiche ab, wie z.B. Mobilität, eigene Liegenschaften, Wärmenetze oder erneuerbare Energien. Die Konzepte gleichen sich im Prinzip wie ein Ei dem andern, sie reden der gerade hipsten Entwicklung das Wort (in ROK war´s 2013 die „kommunale Windmacherei“ by AöREnIRo) und unterscheiden sich hauptsächlich im Grad der Fabulierkunst über Banalitäten.

Solche und noch viele ähnliche fundamentale Erkenntnisse und Maßnahmenempfehlungen finden sich in einem sog. „Endbericht“ (wozu auch immer), aufzurufen auf der HP der VG Rockenhausen

Und dann endlich, nachdem das Konzept steht und beschlossen ist, betreten die Klimaschutzmanager*Innen die Szene, erst dann können die Zuschussanträge für deren Einstellung auf den Weg gebracht werden. Aufgabenstellung: Setze die Klimaschutzkonzepte um!

Karikatur: HSB in toonpool.com

Im Regelfall ist aber kein Geld für nichts da, die meisten Maßnahmen sind daher sowieso nicht umsetzbar. Die Verwaltung gibt dann den schwarzen Co2-Peter weiter an die Bürger*innen. Dazu brauchts dann wiederum die Klimaschutzmanager*Innen, die bis zum Ende ihrer gesponserten Einstellung Bürger und Betriebe für die Themen Energieeffizienz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit sensibilisieren und sie begleiten sollen. Danach ist meist Schluss. Von Nachhaltigkeit keine Spur.

Beleg dafür: Selbst die Maßnahmenkataloge folgen diesem Zeitplan, so als ob mit dem Ende der bezuschussten Einstellungszeit alles abgearbeitet wäre . . .

Der aktuelle Maßnahmenkatalog der VG ROKQuelle: Sitzungsvorlage 7.3.2019

Fehlende Nachhaltigkeit und hektisches Löcherstopfen ist aber eigentlich nichts Neues, wenn die große Politik vernachlässigte Aufgaben an die kleine Politik abtritt. Es ist immer das gleiche Muster.

So war das mit der Welle der Dorferneuerer und -moderatoren, so dürfte es mit den bezuschussten City-Managern*innen gehen oder den gesponserten Stadtmarketingfachleuten, die aus jeder Kommune eine „Marke“ machen wollen. Während aber diese Berufsbilder zumeist wieder verschwinden dürften, sobald ihre Nutzlosigkeit durch den demographischen Wandel besiegelt ist, dürften sich die Klimaschutzmanager*innen wacker halten. Denn wer gegen sie ist, ist gegen Klimaschutz und wer will schon als Klimaschutz-Banause oder gar -Gegner gebrandmarkt werden? Niemand. Eben!

So also, liebe Leserinnen und Leser, kamen die Klimaschutzmanager*Innen in/über die Welt und deshalb werden sie uns vermutlich lange erhalten bleiben.

Was machen denn Klimaschutzmanager*innen eigentlich?

„Wichtig ist eine ästhetische und positive Kommunikation bei einem Thema, das oft von Weltuntergangsstimmung und Mit-Dem-Finger-Zeigen geprägt ist.“ Das sagt z.B. Klimaschutzmanagerin Herda Muñoz (VG Nieder-Olm). „Dazu braucht es Menschen mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein und Durchsetzungsstärke“ sagt Saskia Schütt, Klimaschutzmanagerin der Stadt Stralsund.

An anderer Stelle beschreibt man die Qualitäten und Tugenden der Klimaschutzmanager*innen auch schon mal so: „Menschen, die über Geduld, ausgeprägte Menschenkenntnis, Belastbarkeit, Kreativität in puncto Umsetzung und Herangehensweise an Projekte sowie Kommunikationsstärke, Eigeninitiative und die Fähigkeit zur Eigenmotivation verfügen müssen, um uns auf den rechten Klima-Pfad bringen zu können.“

Die Bundesagentur für Arbeit teilt diese Selbstwahrnehmung nicht, sie formuliert behördlich nüchtern:

„Klimaschutzmanager/innen koordinieren kommunale Aktivitäten und Projekte zur Energie- und Emissionseinsparung und informieren die Öffentlichkeit über Klimaschutzmaßnahmen.“

Kernkompetenzen(erforderlich): Energieberatung, Energiemanagement, Energiespartechnik, Immissionsschutzrecht, Klimaschutzmanagement, Wirtschaftlichkeitsberechnung

Kompetenzen (u.U. bedeutsam): Ausschreibung, Vergabe, Leistungsbeschreibung, Energieverteilung, Energieversorgung, Erdwärmenutzung, Fördermittelmanagement, Förderprogramme, -datenbanken, Fotovoltaik, Kundenberatung, -betreuung, Messdaten auswerten, Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations, Projektmanagement, Solarthermie, Überwachungsaufgaben, Umweltmanagement, Umweltrecht, Umweltschutz, Umwelttechnik, Vortragstätigkeit, Wärmebedarfsberechnung, Heizkörperauslegung

Klimaschutzmanagement in der VG Rockenhausen

Vom Rockenhausener Klimaschutzmanager nahm ich zum ersten Mal öffentlich nach einem Jahr Notiz. Da tauchte er im Haushalt der VG auf und hat im Namen der Nachhaltigkeit für 2019 einen Kreditbedarf von 5.625 € (bei 11.800 € Gesamtkosten) für eine Klimamanagement-Software und eine Wärmebildkamera angemeldet hat.

Dann gab es mal eine Anzeige im WoBla, nach der man über ihn ein Stromverbrauchs-Wächterlein für den Kühlschrank ausleihen konnte und er hat, wie eingangs schon erwähnt, diese Sitzungsvorlage erarbeitet, die sich wie ein tagesgenauer Nachweis seiner Tätigkeit für das Ministerium liest, aber einen Maßnahmenkatalog darstellen soll.

An energetischer Beratung interessierte Bürger werden nicht beraten, sondern an die zuständige Handwerkskammer in Kaiserslautern verwiesen und kürzlich las ich im WoBla, dass er zu einer Infoveranstaltung ins Bistro eingeladen hat, die dann ein Heizungsbauer (!) moderieren würde. Und aktuell ruft er im WoBla dazu auf, die Energie-Karawane und/oder die seit neustem einmal im Monat angebotene kostenlose Energieberatung der Verbraucherberatung in Anspruch zu nehmen.

Und die E-Tankstelle am VG-Gebäude? Ich nehme mal an, dass Herr Cullmann dank Wahlkampf auf die Idee auch alleine gekommen wäre.

Klimaschutzmanagement im Kreis – besser als die ärztliche Versorgung – das macht dem Klimawandel Angst

Das dürfte dem Klimawandel demnächst mal so richtig Angst einjagen: 3 (in Worten: DREI) neue Klimamanager*innen werden ihm demnächst einheizen. Verstärkt durch den Kollegen aus Rockenhausen und den frisch gekürten Klimaschutzbeauftragten des Kreises also 5 gnadenlose Klimaschützer*innen auf 75.000 Bürger*Innen.

Ein solcher Schlüssel, 1 : 15.000, wäre bei Anästhesisten, Augenärzten, Chirurgen, HNO- und Kinderärzten, Orthopäden, Urologen und einigen anderen medizinischen Disziplinen ein Traum, beim Klimaschutzmanagement ist das eher ein Albtraum in Anbetracht der vielen anderen zusätzlichen Akteure im Bereich Klimaschutz, die sich um die Budgets von Verbrauchern und Betrieben bemühen. Schließlich wollen ja auch alle am Klimaschutz verdienen, die Installateure, die Ingenieure, die Schornsteinfeger, die Energieberater, die Produzenten die Energielieferanten und, nicht zuletzt, natürlich auch die Klimaschutzmanager*innen.

Demgegenüber steht ein Mittelstand, der die Haupt-Steuerlasten trägt und dessen finanzielle Situation sich in den Letzten Jahrzehnten permanent verschlechtert hat und noch weiter verschlechtern wird. Die in den bunten Power-Point-Folien der Klimaschutzmanager*innen aufgelisteten Maßnahmen zum Klimaschutz kosten aber Geld, teilweise viel Geld. Und daran fehlt es dem Mittelstand zusehends. Und zudem wird das verbliebene Geld künftig auch noch nach und nach gebraucht, um die durch den Klimaschutz steigenden Haushaltskosten aufzufangen.

Bildung + Erziehung statt kommunalem Klimamanagement

Wirklich dumm gelaufen für das Berufsbild: Greta Thunberg und Friday-for-Future haben den Klimaschutzmanager*innen mit ihrem bisschen Protest und dem bisschen Streik im Handstreich die Butter vom Brot genommen, wie die neusten Umfragen zeigen:

Das Bewusstsein ist längst da –flächendeckend!

In dem ganzen Dilemma aus Klimawandel und demographischem Wandel wird also sicher alles mögliche dringender im Kreis gebraucht, als gleich vier Klimaschutzmanager*innen. Vier Grundschullehrer*innen oder Erzieher*innen wären sinnvoller und eine Wärmebildkamera, die kann man sich, falls nötig, auch für kleines Geld beim Schornsteinfeger ausleihen.

Es grüßt relativ klimaneutral Ihr Peter Gläser

Karikatur: toonpool.com