1 Vor einigen Tagen vermeldeten die Radio-Nachrichten: In den letzten 10 Jahren ist die Zahl der Autos in Deutschland um 15 Millionen auf jetzt rund 60 Millionen gewachsen. Tendenz steigend mit einer deutlichen Zunahme an Zweitwagen. Bei einer Umfrage zur Mobilität (beruflich und in der Freizeit) von ThePioneer unter 4000 Menschen vom Juli dieses Jahres zeigt sich: 55 Prozent bevorzugen das Auto, 21 Prozent das Fahrrad, 14 Prozent bewegen sich vorzugsweise zu Fuß durch den Alltag, nur 8 Prozent nutzen vorzugsweise den ÖPNV, 1 % liebäugeln mit Car-Sharing.
2 Die Rheinpfalz vom 16.9.2021 liefert für das Jahr 2020 Zahlen des Statistischen Bundesamtes über die Mobilität zum und vom Arbeitsplatz: 38,9 Millionen der insgesamt 41,6 Millionen Erwerbstätigen gaben Antworten über die Art der für den Arbeitsweg benutzten Verkehrsmittel: 68 Prozent/zwei Drittel ) fuhren mit dem Pkw in die Firma oder ins Büro – auch auf kürzeren Strecken, gut 13 Prozent nutzten regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel wie Bus, Straßenbahn, U-Bahn oder Zug für ihren Arbeitsweg und jeder zehnte Erwerbstätige fuhr regelmäßig mit dem Fahrrad zur Arbeit.
Dazu haben die Statistiker der EU-Kommission den PKW-Anteil am Personentransport im EU-Vergleich für das Jahr 2019 ermittelt. Sie kommen für Deutschland auf einen Anteil von 83,4 %.
Das Auto ist also offensichtlich immer noch (nicht nur) der Deutschen liebstes Kind.
Dumm nur: Das kann eigentlich nicht so bleiben. Es ist hirnrissig, anzunehmen, dass es genügt, den Individualverkehr nur mal schnell auf Elektro umzustellen. Der Individualverkehr insgesamt in seiner existierenden gigantischen Ausprägung kann so nicht bleiben.
3 Natürlich kann die jetzige Art der flächen- und ressourcenfressenden Siedlungsentwicklung AUCH nicht so bleiben, AUCH nicht die jetzige Form der industriellen Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion oder die generelle Ressourcenverschwendung . . . und so weiter und so weiter. Alle wissen das. Und wir wissen (fast) alles zum Thema. Und die Mehrzahl möchte eigentlich auch, dass sich das endlich ändert. Mit Recht haben die meisten Wahlkämpfer:innen daher die Bundestagswahl im Verlauf des Wahlkampfs immer mehr zur ultimativen Klimawahl deklariert. Und werden Bürger:innen vor der Kamera befragt, dann scheint das auch an der Basis so angekommen.
4 Die Realität ist aber eine gänzlich andere, das legen die eingangs zitierten Statistiken nahe. Verhaltensänderung zugunsten des Klimaschutz? Das betrifft offensichtlich immer nur „die anderen“, nicht einen selbst. Dafür sprechen die knapp 600 Gramm Papiermist, die Woche für Woche als unerwünschte Beilage des Amtsblatts in Zehntausenden von Briefkästen landen. Knapp 600 Gramm Werbung für Sonderangebote bei LEBENSMITTELN, die diesen Namen oft genug gar nicht verdienen. Vor allem aber auch Werbung für Sonderangebote der Kategorie „Dinge, die die Welt definitiv nicht braucht“. Accessoires für die Tonne, die den (ob ihrer Nachhaltigkeit und sinnfreien Beliebigkeit eigentlich Straf-) Tatbestand der Ressourcenverschwendung erfüllen, nur um als Lockmittel in den Nonfood-Regalen der Discounter zu landen. Der Wunschtraum: „Stell´ dir vor, es ist Donnerstag und niemand wartet vorm Aldi . . . !“
5 Völlig abgedreht und besonders erschreckend in Anbetracht des Stimmen-Gewichts der „Alten“ dank ihres Löwenanteils an der Gesamtzahl der Wähler ist das Ergebnis einer Umfrage, für die das Meinungsforschungs-Unternehmen Civey im Zeitraum vom 20. bis 22. August 2021 rund 5000 Menschen befragte. Das Ergebnis ist dermaßen katastrophal, dass ich zunächst inniglich hoffte, einem Fake aufgesessen zu sein, was aber wohl nicht der Fall ist. Demnach gaben rund 58 Prozent der Befragten an, dass ihnen die bei ihrer Wahlentscheidung die Klimaschutzinteressen der jungen Generation egal sind.
Machen Sie bitte mit,
machen Sie die Wahl am Sonntag zur Klimawahl,
wählen Sie für unsere Jugend!
6 „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ oder auch „der erste Schritt ist der schwerste“ – suchen Sie sich gleich welches Motto aus, liebe Leserinnen und Leser, aber/und gehen Sie wählen, sofern Sie dies nicht sowieso schon getan haben. Lassen Sie sich von der medialen Fokussierung auf wenige „Figuren“ nicht kirre machen! In Deutschland wählt man immer noch parlamentarisch und wir lassen uns von Parteien vertreten. Diese Parteien haben ein Programm und das wurde mehrheitlich beschlossen. Diese Programme sind beschlossen von Menschen, wie sie und ich, Ihren Nachbar:innen oder Kolleg:innen, von Menschen, deren Haltung der Ihren ähnlich ist, die den gleichen Werten nahestehen wie Sie.
„Wer schreibt, bleibt“, deshalb sind die Programme auch nachprüfbar. Der mediale Kandidat:innen-Sprech im Wahlkampf zielt nur auf Ihren Bauch – hören Sie deshalb ausnahmsweise mal nicht auf ihn. Es geht um Inhalte, nicht um Führungspersonal.
„Klappern gehört zum Handwerk„, sagt der Volksmund. Erinnern Sie sich seiner, wenn Ihnen die Triells, Talkshows und anderer Wahlkampffirlefanz auf den Keks gingen, und gehen Sie trotzdem wählen. Es ist ein Privileg und es ist für unsere Demokratie fundamental, mediales Treiben hin oder her.
7 Und wenn Sie, wie ich, zu den „Alten“ gehören, dann strafen Sie um Himmels willen die Umfrage von NABU/Civey (s.oben unter 5.) Lügen. Denken Sie beim Ankreuzen an unsere Jugend, an Ihre Kinder und Ihre Enkel:innen.
Investieren Sie ein halbes Stündchen und stöbern Sie mal in den Parteiprogrammen – sie sind im Netz alle abrufbar. Oder (heißer Tipp) vertrauen Sie mir, respektive der abgebildeten Tabelle unten, in der vertrauenswürdige Menschen die Haltungen der Parteien zu wichtigen Klimaschutzforderungen gesucht und sie, sofern sie welche gefunden haben, auch ausgewertet haben.
Wählen Sie „jung“ und für unsere Jugend.
Ich wünsche uns allen einen sehr klimafreundlichen Ausgang dieser Wahl. Irgendwann muss das Hin- und Her-Eiern ein Ende haben. „Butter bei die Fisch!“ Beste Grüße,
Ihr Peter Gläser
P.S.: Haben Sie noch irgendwelche Zweifel, dass auch unser Kreis mit jeder Menge Veränderungen zu rechnen hat? Wollen Sie eine Ahnung bekommen, was der Klimawandel auf regionaler Ebene bedeuten wird? Interessiert Sie eine Vorstellung von den Zukunftsszenarien für den Donnersbergkreis bis zum Ende des 21. Jahrhunderts? Mit einem Klick auf die Grafik gelangen Sie zur Tabelle.
GERICS (Climat Service Center Germany, dahinter steht die Helmholtz-Zentrum hereon GmbH) hat für alle 401 deutschen Landkreise, Kreise, Regionalkreise und kreisfreien Städte einen Klimaausblick veröffentlicht. Jeder Bericht fasst die Ergebnisse für Klimakenngrößen wie z.B. Temperatur, Hitzetage, Trockentage oder Starkregentage auf wenigen Seiten zusammen. Die Ergebnisse zeigen die projizierten Entwicklungen der Klimakenngrößen im Verlauf des 21. Jahrhunderts für ein Szenario mit viel Klimaschutz, ein Szenario mit mäßigem Klimaschutz und ein Szenario ohne wirksamen Klimaschutz. Die Berichte sind einheitlich aufgebaut und erlauben den regionalen Vergleich untereinander und mit den Ergebnissen für ganze Bundesländer.
Zur Mobilität:
Jetzt hatten wir Mal die Chance Heimarbeit zu testen und die Fahrerei einzuschränken und nachdem jeder weiss wie Videokonferenzen ablaufen sollen, wird ganz schnell zurückgerudert und auf den Straßen haben wir endlich wieder Stau.
Nur Kabel verlegen ändert halt nichts in den Köpfen.
Sorry wegen der späten Antwort 😉 das ist wohl wahr. Da gibt’s noch eine Menge „gute“ Beispiele. Mehr darüber demnächst hier. Ein schönes Wochenende, Peter