„Vorschläge auf Bundesebene, eine CO2-Steuer einzuführen, lösten eine lebhafte Diskussion auf dem Kreisparteitag der SPD in Einselthum aus.“ So berichtete am letzten Freitag die Rheinpfalz und schildert minutiös den Sitzungsverlauf.

Greta Thunbergs Appell hat also auch auf Kreisebene gewirkt. Nur: Verstanden wurde er offensichtlich nicht. Sonst würde sich der neu entfachte politische Elan nicht an etwas so Uneffektivem und Überflüssigem abarbeiten, wie an diesem Antrag.

Die etablierte Politik diskutierte zu Beginn das Schuleschwänzen der Friday for Future – Kids zunächst heftiger als deren eigentliche Beweggründe. Nichts anderes ist das, was sich da am Freitag in der Kreis-SPD abspielte: Einem schwer verunfallten Patienten (Erde) wird die erste Hilfe verweigert, stattdessen wird erst mal über die Kostenübernahme des Rettungseinsatzes diskutiert.

Da geht es also mehr um den Kampf gegen den Verlust des politischen Profils und/oder den drohenden Absturz als Volkspartei, als um den Kampf gegen den Klimawandel.

Keine Angst, liebe Klassenkämpfer in der Donnersberger Kreis-SPD, der Klimawandel ist per se gerecht, er betrifft nämlich alle, Reiche und Arme, Stadt und Land. Und deshalb müssen auch alle etwas dagegen tun. Das in den Köpfen richtig ankommen zu lassen, das lohnte jede Resolution und jeden Antrag. Über das „Wie“ kann man immer noch reden – aber „erste Hilfe“ muss sofort erfolgen.  

Noch mehr Klimawandel

Die Dramaturgie und Eigendynamik der Sitzung ist im Bericht der Rheinpfalz prima abzulesen, ein Klassiker quasi: Bei der hektischen Suche nach einem neuen (Partei-)Profil, im Kampf um Wähler*innen und/oder beim Einfangen neuer Wählerkreise genügt schon einer, der den Mund mal richtig aufmacht (z.B. ein auf Klassenkampf gebürsteter junger Mann), dann braucht es noch ein paar polarisierende Argumente (Reiche in der Stadt und Arme auf dem Lande) und noch ein paar Argumente unmittelbar gespeist aus Volkes Stimme, und schon ist´s passiert.

Der Bericht der Rheinpfalz macht also noch einen weiteren Klimawandel in unserem Kreis deutlich, nämlich den politischen Klimawandel. O.K., diesmal ist es ein Antrag der SPD. Sie hat ja auch bei den letzten Wahlen auf Kreisebene arg gelitten und leidet immer noch. Es steht aber zu befürchten, dass solche Anträge, auch wenn sie noch so an der Sache vorbeischrammen und noch so sehr dem Stammtisch verpflichtet sind, künftig auch von anderen politischen Gruppierungen gestellt werden, denn die zunehmende Angst vor Veränderung, die sich national und international etabliert, ist ein ganz schlechter poltitischer Berater.

Im schlimmsten Fall will´s dann hinterher keiner gewesen sein, in diesem Fall ging es ja Gottseidank nur um einen reichlich unsinnigen Antrag, aber es kann dann auch schon mal schlimmer kommen. Echte Argumente sind dann nicht mehr gefragt, die Seelen kochen und da kommen auch ein besonnener Bundespolitiker und ein auf Ausgleich bedachter Ex-Landrat nicht mehr dagegen an.

Was ist zu tun?

Grenzenlose Ehrlichkeit stünde jeder Partei bei der Bewältigung beider Klimawandel, des realen und des politischen, deshalb gut an. Klar und deutlich Kante zeigen, vorschnelle Urteile geraderücken und bei krassen Vorurteilen gegenhalten, aber gleichzeitig „den Leuten draußen“ ehrlich und sehr deutlich sagen, dass es jedem*r weh tun wird, sich gegen den Wandel zu behaupten, auf ihn zu reagieren und ihn vielleicht doch noch abzuwenden. Das wird kein Zuckerschlecken.

Nötig ist auch – parteiübergreifend – ein klares Bekenntnis zur Eigenverantwortung. Bei allen Problemen, die wir haben: Es gibt nun mal kein besseres politisches System!

Und es muss klar gesagt werden, dass alle Bürger*innen in ihrem eigenen, kleinen, überschaubaren und privaten Bereich nicht nur ihr Verhalten ändern müssen, sondern dass sie auch wegen des Wandels bezahlen müssen. Denn „Zahlemann & Söhne“ – das gehört nun mal zu den wenigen staatlichen Mitteln, Verhalten auf breiter Basis zu lenken. So einfach ist das.

Nachlese

Schön zu lesen war immerhin, dass bei den Streithähnen wenigstens Einigkeit in der Bewertung des Zustands des Planeten besteht. Schön zu lesen wäre es aber auch, dass die Kreis-SPD zu ihrer frisch gegründeten AG „Klimawandel und soziale Gerechtigkeit“ auch Vertreter anderer politischer Gruppierungen eingeladen hat.

Voll guter Hoffnung, Ihr Peter Gläser

2 PS

P.S.1: Wie so oft fehlt auch bei der CO2-Steuer-Diskussion eine realtivierende Bezugszahl. Hier ist eine: Der ADAC rechnet bis 2030 mit Mehrkosten von 600 € je Autofahrer und Jahr. Eine Kreuzfahrt kostet jetzt schon ganz leicht das Doppelte.

P.S.2: Bevor ein falscher Eindruck entsteht und ich als abgehoben oder einmal mehr als „krank“ bezeichnet werde: Mein ökologischer Fußabdruck ist leider auch noch viel zu groß, aber ich verzichte immerhin schon mal auf Kreuzfahrten und esse im Dezember keine Erdbeeren.