Unter der Schlagzeile „Reger Disput um kostspielige nette Geste“ berichtete die Rheinpfalz am 19.Juni über die Sitzung des Rockenhausener Stadtrats und da vor allem über den Antrag der SPD-Fraktion für eine Corona-Hilfsaktion. Christian Hamm, der Redakteur, stellt in seinem „Einwurf“ fest, dass sich die Fraktionen „unsäglich“ „beharkt“ haben. Dieser Formulierung kann ich uneingeschränkt zustimmen. Seine weitere Beurteilung sehe ich allerdings etwas anders und differenzierter. Deshalb hatte ich meine Chance als Leser wahrgenommen und per Leserbrief widersprochen. Dieser wurde bis jetzt nicht veröffentlicht.

Quelle: www.toonpool.com

Der Versand ist jetzt schon gute 14 Tage her, da kommt sicher auch nichts mehr. Klar, dass ich mir Gedanken um das „Warum“ mache: Kam er zu spät, war die Sitzung schon zu lange her? War das Thema nicht aufregend genug? War er zu lang, er bezog sich ja hauptsächlich auf den kurzen „Einwurf“? Ist er im Spam-Ordner gelandet? Keine Ahnung! Andererseits fand ich diese Sitzung tatsächlich so unterirdisch, dass ich das versöhnliche Fazit des Redakteurs nicht unwidersprochen stehen lassen will.

Über Krümel und klare Kante

Die „Schwarzen“ und „Gelben“ haben tatsächlich „in den Krümeln“ rumgemacht, das hat Herr Hamm sehr richtig beschrieben. Richtig (und mutig) wäre es allerdings gewesen, den Antrag der „Roten“ klar und offen als unausgegorenen Wahlkampf-Gag (mehr war das nämlich nicht) zu bezeichnen und deshalb mit ihrer Mehrheit abzulehnen (das hätte „klare Kante“ bedeutet). Stattdessen haben die „Schwarzen“ und „Gelben“ auch noch einen Gegen-Antrag ausdiskutiert. Der aber, und da bin ich anderer Meinung als Herr Hamm, ist keineswegs um Klassen besser, sondern genauso unausgegoren. Die „Roten“ dagegen waren der ultimativen Natur ihres Antrags entsprechend immer Herren des Geschehens, das Schmollen war reine Show, das angebliche Einlenken Kalkül, von „Einsicht“ konnte keine Rede sein.

Es ist einfach, einfach mal so loszupoltern, meine Eindrücke zu begründen ist ein wenig aufwendiger, da braucht es ein paar Zeilen mehr. Deshalb will ich Ihnen, liebe Leserschaft, meinen Leserbrief zur besagten Sitzung nicht vorenthalten. Sie können ihn anschließend lesen. Sollten Sie das Geschehen anders sehen – dann lassen Sie es mich wissen, mein Blog will und soll keine Einbahnstraße sein.

Herzliche Grüße, ihr Peter Gläser

Quelle: Die Rheinpfalz
Donnersberger Rundschau
vom 19.6.2021

Leserbrief vom 21.6.2021

Bezug: Donnersberger Rundschau vom 19.06.2021 – Reger Disput um kostspielige nette Geste und Einwurf Gesicht gewahrt

Zu Beginn der Debatte formulierte Frau Gehm den Vorwurf, warum man nicht vor diesem Antrag miteinander geredet habe. Frau Spieß konterte daraufhin mit dem Hinweis, jetzt (also in der Sitzung) könne man ja miteinander reden. Dieses miteinander Reden war definitiv keine Sternstunde des Stadtparlaments, da teile ich den Eindruck von Herrn Hamm. Der Antrag ging am 15.Mai bei der VG-Verwaltung ein, behandelt wurde er auf den Tag einen Monat später. Ein ganzer Monat Zeit also, um sitzungsvorbereitend ein gemeinsam getragenes Konzept im Sinne des Antrags auszuarbeiten, Alternativen zu entwickeln oder, wenn sich das dabei ergeben hätte, die Pläne ad acta zu legen. Über Parteigrenzen hinweg.

Dass es dazu nicht kam, ist andererseits aber auch irgendwie verständlich, war das doch ein Antrag der Marke „ultimativ“, der immer gewinnt: Geht er wider Erwarten durch, kann die Opposition den Erfolg für sich verbuchen. Wird der Antrag ohne größere Diskussion glatt und sei es auch noch so berechtigt abgelehnt, punktet die Opposition auch, denn den Verweigerern wird ihr Nein zum Antrag als Desinteresse ausgelegt, in diesem Fall an der Not der Betroffenen. Und wird der Antrag zerredet und modifiziert, wie in der Sitzung am letzten Mittwoch geschehen, punktet die Opposition ebenfalls, weil sie sich generös geben und auch noch bei einer Entscheidung mit abstimmen kann, die ohne ihr Zutun gar nicht angestanden hätte. Der Antrag hatte von Anfang an also diesen Touch von „erpresserisch“. 

Er ist auch ein Beispiel für Populismus, bei dem es, so Wikipedia, „einerseits um die Erzeugung bestimmter Stimmungen geht, andererseits um die Ausnutzung und Verstärkung vorhandener Stimmungslagen zu eigenen politischen Zwecken“.

„Einen obendrauf setzen“, das ist die Devise des Antrags. Motto: Sich noch mal ein paar Grad besorgter geben als die „Regierenden“. Nicht zu vergessen: Das alles vor dem Hintergrund der nahenden Bundestagswahl. Der Antrag war auch keineswegs „mit heißer Nadel gestrickt“ (da bin ich anderer Meinung als Herr Hamm), sondern da war alles Kalkül. „Auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung“ sollte der Antrag genommen werden und, als ob das nicht genug Dringlichkeit sei, sollte dafür auch noch „eine eigene zeitnahe Ratssitzung“ anberaumt werden. Alles in Allem also mächtig viel Druck, den die Opposition da aufgebaut und weder mit Zahlen noch Kosten belastbar unterlegt hat. Und das für einen „symbolischen Akt“, wie Herr Hamm richtig bemerkt. Ein symbolischer Akt, für den die Stadt ca. 30.000.- € durch Einsparungen locker machen soll (nach dem Oppositionsvorschlag), für den jetzt, im Gegenantrag, noch 20.000.- € zusammenzukratzen sind. Da lässt sich der Stadtrat den symbolischen Akt richtig viel Geld kosten. Geld, das nicht nur für die Stadt schmerzhafte Einschnitte an anderer Stelle bedeutet, sondern für die, die nach „Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse“ (!) davon profitieren, allenfalls ein Tröpfchen auf den heißen Stein bedeutet.

„Der Gegenantrag ist um Klassen besser“ schreibt Herr Hamm. Ich kann das so nicht erkennen. Er ist 10.000.- € günstiger, das ist alles. Dennoch, wenn auch witzigerweise, kann das einstimmige Votum noch für ein Win-win-Ergebnis sorgen, wenn nämlich die Kommunalaufseher ihr Einverständnis verweigern (was zu hoffen ist). Es wäre allerdings nur ein Win-win für die Kontrahenten, politische Streitkultur und einvernehmliches Miteinander gehen leer aus.

Rockenhausen, Peter Gläser