. . . das beschreibt aber nur und ausschließlich die von Anfang an extreme Saal-Temperatur, liebe Leserinnen und Leser, die durch das krasse Missverhältnis Saalgröße zur Anzahl der Menschen zusätzlich aufgeheizt war, denn der Stadtrat war komplett erschienen und zudem hatte sich eine stattliche Anzahl Bürger*innen eingefunden.
War das vielleicht ein erster Hinweis auf die neuen politischen Gegebenheiten? Aber so viel Symbolpolitik war dann doch nicht. Die Lageänderung war nur organisatorischer Natur, denn im ROTEN SAAL fand die Gesamt-Mitarbeiterversammlung der neuen VG Nordpfälzer Land statt.
Michael Vettermann, der neue Bürgermeister unseres Städtchens, seit gut 50 Tagen in Amt und Würden, leitete also seine zweite Sitzung. Dies nach drei Jahrzehnten, in denen Karl-Heinz Seebald durchregierte und mit einer absoluten SPD-Mehrheit die Geschicke der Stadt bestimmt hat.
Man durfte also durchaus gespannt sein, wie sich „der Neue“ in seiner ersten „normalen“ Ratssitzung präsentieren würde. Und man durfte auch neugierig sein, denn er hatte die Wahl ja auch deshalb für sich entschieden, weil er einen Perspektivwechsel angeboten hatte: „Nach so langer Zeit, muß ein neuer Bürgermeister einen neuen Blick auf die Probleme Rockenhausens werfen.“ (Zitat: Homepage www.vettermann.roks)
Angesichts des stattgefundenen, tiefgreifenden politischen Wechsels nach dieser unglaublich langen Amtszeit erschien mir die Tagesordnung für diese Sitzung geradezu unspektakulär, liessen doch die einzelnen Tagesordnungspunkte so gar nichts von dem „neuen Blick“ erkennen: In einem ersten Abschnitt ging es um Formalien und Beschlussfassungen, wie sie zu Beginn einer Legistlaturperiode üblich sind, danach ging´s dann mit „business as usual“ weiter.
Die Tagesordnung unspektakulär – ausgenommen TOP 5
Tagesordnungspunkt 5 „Bildung und Übertragung von Geschäftsbereichen“ bot der Opposition aber dann doch ein wenig Streit- und Profilierungspotential. Jedenfalls bemührte sich die SPD redlich. Sie attestierte dem Bürgermeister „politische Schwäche“ und warf ihm den „Verzicht auf elementare Zuständigkeiten“ und „mangelnde Richtlinienkompetenz“ vor.
Offensichtlich war ein Bürgermeister, der in seinem Ehrenamt auf Teamarbeit und die loyale Mitarbeit Anderer setzt, für die Fraktion der SPD etwas so Neues und Unvorstellbares, dass sie sogar bekannte, deswegen „verwirrt und traurig“ zu sein.
Und unisono bezichtigte die SPD-Fraktion den Bürgermeister wegen der Bildung dieser Geschäftsbereiche zudem auch noch der Verschwendung öffentlicher Gelder. Am Beweis für diesen Vorwurf mühte sich Franktionsvorsitzender Joseph Blaum reichlich ab.
Bemerkenswert akribisch hatte er die Aufwandsentschädigungen aus den letzten fünf Jahren zusammengetragen. Auf die vielen Legislaturperioden davor verschwendete Blaum allerdings kein Wort, denn in denen hatte es Bürgermeister Seebald ja genauso gehalten, wie jetzt Michael Vettermann. Stattdessen würzte er das angeblich Dramatische seines Zahlenpuzzles zusätzlich mit einem Blick in eine sehr ferne Zukunft, in die er das Salär für die neuen Beigeordneten und daraus entstehende Folgekosten hochrechnete. Ein probates Mittel, Zahlen eine ausreichend heftige Dimension erreichen zu lassen.
Danach nur noch Business as usual
Die nachfolgende Beratung von Infrastrukturmaßnahmen war angebracht und wichtig, die zugrundeliegenden Beschlüsse wurden alle noch vom letzten Stadtrat auf den Weg gebracht, meist einstimmig, und auch in dieser Sitzung wurden dann die Projekte erfreulicherweise durchgängig mit „einstimmig so beschlossen“ ins Protokoll aufgenommen.
Angenehm war auch die Freimütigkeit, mit der sich Bürgermeister Vettermann auf dem noch ungewohnten Terrain ungeniert bewegte und erfreulich war auch seine Bereitschaft, die anwesende Öffentlichkeit bei den verschiedenen Tagesordnungspunkten ausreichend mit Informationen zu versorgen und einzubeziehen. Dass das auf Anhieb nicht so reibungslos oder teilweise auch gar nicht funktionierte, schadete diesem guten Gesamteindruck nicht.
Wer aber, so wie ich, in dieser Sitzung nach immerhin gut 50 Tagen im Amt auch etwas Richtungsweisendes vom neuen Bürgermeister erwartet hatte, wurde bis dahin schon etwas enttäuscht. Keine Spur von einem „neuen Blick auf die Probleme“ der Stadt. Kein Tagesordnungspunkt wie etwa „Erste Bilanz“ oder „Bestandsaufnahme“ und, daraus abgeleitet, „Entwurf einer To-do-Liste“ oder „Maßnahmenkatalog“.
Wo bleibt also der „neue Blick auf die Probleme“? Ist in Rockenhausen also doch alles zum Besten bestellt?
Wir erinnern uns: Im Wahlkampf hatten der Ex-Bürgermeister und seine SPD immer und immer wieder auf ein bestens bestelltes Haus verwiesen. Genau das hatte der jetzige Bürgermeister seinerzeit in Frage gestellt und war ja gerade deshalb auch zur Wahl angetreten. Logisch überlegt, konnte es also für diese total „unverdächtige“ Tagesordnung nur zwei Gründe geben:
a) Herr Vettermann und seine Mannschaft haben festgestellt, dass das Haus im Wesentlichen genau so gut bestellt ist, wie das der Vorgänger immer behauptet hat. Oder:
b) Herr Vettermann und seine Mannschaft haben festgestellt, dass das Haus noch viel schlechter bestellt ist, als vermutet und die Zeit hat nicht ausgereicht, den gesamten Umfang zu erkennen und/oder abzuschätzen.
Es muss nicht immer gleich eine Regierungserklärung sein, manchmal genügt TOP 14
Welcher der beiden Gründe zutreffen dürfte, offenbarte der Bürgermeister dann doch noch. Unter TOP 14 – Mitteilungen und Anfragen – war er also doch noch, der „neue Blick“, wenngleich auch nur einer und auch nur ein kurzer.
Der Bürgermeister konnte verkünden, dass (erst) jetzt von der Kreisverwaltung endlich der Haushalt genehmigt worden sei. Offensichtlich gab es also seitens der Prüfbehörde eine ganze Menge von Vorbehalten und/oder schwerwiegenden Bedenken.
Zwei Sorgenkinder nannte er denn schon mal beim Namen: Das Schloss, offensichtlich das gravierendste der zu lösenden Probleme und das Bauhof-Gutachten, dessen Qualität wohl in Frage zu stellen ist.
Es geht also spannend weiter in der Zukunft. Wünschen wir den Akteuren einen guten Durchblick und ein glückliches Händchen. Und es wäre prima, wenn auch die Öffentlichkeit an diesem Erkenntnis-Prozess durch bestmögliche Transparenz teilhaben könnte und sich so wenigstens ein ungefähres Bild darüber machen kann, wie es um unser Städtchen denn jetzt tatsächlich bestellt ist.
Mit hoffnungsfrohen Grüßen, Ihr Peter Gläser
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